EZB Geldvergabe an Banken, wie es funktioniert. Warum noch Einlagengeschäft bei niedrigen Leitzinsen?

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Wie vergibt die EZB ihre Milliarden Euro an Banken? Im Folgenden die Kurzfassung der möglichen Varianten:
Geldvergabe EZB

  1. Es gibt eine schnelle Variante, das „Spitzenrefinanzierungsgeschäft“, bei dem die EZB sogar über Nacht verleiht. Dafür fällt der Spitzenrefinanzierungssatz von derzeit 0,75 % an.

     

  2. Im normalen Bezugsverfahren, dem „Hauptrefinanzierungsgeschäft“ melden die Banken wöchentlich ihren Bedarf an Geld über die nationalen Notenbanken an die EZB. Nach Genehmigung erfolgt die Guthabenbuchung auf dem Notenbankkonto der Bank. Die Laufzeit des Notenbankkredites beträgt 7 Tage. Das frische EZB-Geld ist mit dem Hauptrefinanzierungszinssatz, Leitzins von derzeit 0,00 % verzinst.

     

  3. Bei einer anderen Variante, mit der die EZB etwas offensiver versucht, Geld in den Finanzkreislauf zu pumpen, spielt der Begriff „Tender“ einer Rolle. Die EZB lässt Geld entstehen, der Volksmund sagt gern „druckt Geld“ und macht ein gebündeltes Angebot z.B. nach dem Muster „Wir vergeben heute 500 Mrd. mit Laufzeit 1 Jahr“. Erfüllen die Banken mit Geldbedarf die Forderungen der EZB, erhalten diese eine Tranche vom Tender und müssen das Geld entsprechend in Raten bis Laufzeitende zurückzahlen. Hier gilt ebenfalls der Hauptrefinanzierungssatz, umgangssprachlich der Leitzins von derzeit 0,00 %.

     

  4. Eine andere Möglichkeit, den Kontostand einer Geschäftsbank bei der Zentralbank zu erhöhen sind Offenmarktgeschäfte, bei denen die EZB einer Bank Aktien, Staatsanleihen und anderer Wertpapiere abkauft.

An wen verleiht die EZB Geld?

Zugelassene Geschäftspartner sind ausnahmslos Banken mit einer entsprechenden Bankenlizenz. Sonst könnte ja jeder auf die Idee kommen, ein 0 %-Darlehen aufzunehmen.

Welche Sicherheiten benötigen die Banken?

Notenbankfähige Sicherheiten wie Anleihen, vor allem Staatsanleihen und Aktien sind zu hinterlegen. Ohne diese vergibt die EZB auch keine Kredite. Um Banken in Problemländern liquide zu halten, werden auch Staatsanleihen von Problemländern wie Italien und Griechenland akzeptiert.

Fazit: Die Ausgabe von Zentralbankgeld an Banken ähnelt einem normalen Kreditgeschäft. Es sind Sicherheiten zu hinterlegen und die geliehene Summe ist zurückzuzahlen. Im Gegensatz zu „Giralgeld“, welches nur online als Saldo eines Kontos erscheint, ist Zentralbankgeld als Bargeld verfügbar.

Warum benötigen die Banken Zentralbankgeld?

  • Zuerst sichert das EZB-Geld das tägliche Bankengeschäft über das Target2 Zahlungssystem. Wenn Bank A einen Betrag an Bank B überweist und am Tagesende keine verrechenbaren Überweisungen von Bank B an Bank A aufgelaufen sind, bucht die das Geld empfangene Bank B das Guthaben nur, wenn die sendende Bank die entsprechende Gegenleistung „erbringt“. Dabei wird in der Regel Zentralbankgeld gefordert. Der Kontotand auf dem Zentralbankkonto der Bank A sinkt, der Kontostand auf dem Zentralbankkonto bei Bank B steigt.

    Um für Zeiten tendenziell abfließender Gelder gewappnet zu sein, halten Banken eine gewisse Mindestreserve. Praktisch ist das z.B. der Fall, wenn die Bank die Einlagezinsen z.B. für Tagesgeld senkt und die Kunden ihr Geld zu anderen Banken umschichten.

  • Die Bank verleiht es in Form von Krediten mit einem Aufschlag weiter. Bank X leiht derzeit mit 0,50 % und vergibt einen Kredit mit 4 %. Die Zinsdifferenz ist die Marge der Bank. Klingt gut, die Bank trägt jedoch das Risiko bei einem Ausfall, wenn ein Schuldner seine Raten nicht mehr bezahlen kann.

Was ist die Mindestreserve / Liquiditätsreserve?

Für jede Bank besteht die Pflicht zur Hinterlegung einer Mindestreserve bei der Zentralbank. Die Mindestreserve ist ein wichtiges Instrument zur Stabilisierung des Bankensektors. Reservepflichtig sind u.a. täglich verfügbaren Einlagen und Festzinseinlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren von Kunden. So müssen von der Summe der täglich verfügbaren Kundeneinlagen ca. 1 % bei der EZB als Mindestreserve hinterlegt werden. Diese Liquiditätsreserve schützt die Bank und verhindert Engpässe, wenn z.B. viele Kunden ihre Einlagen auflösen und die Bank Geld auszahlen muss.

Wenn Kunden Geld abziehen, reduziert sich die Mindestreserve, also der Kontostand der Bank auf dem EZB Konto. Wenn auf Monatssicht die Einlagen bei Bank X steigen, dann erhöht sich die Mindestreserve und damit der Kontostand der Bank auf dem EZB-Konto.

Warum müssen Banken Geld bei der EZB parken?

Bei geparktem Geld handelt es sich ausschließlich um „Zentralbankgeld“ über die Höhe der geforderten Mindestreserve hinaus, welches nicht wieder in den Bankenkreis eingespeist wird.

Die Gründe, warum Banken einen Liquiditätsüberschuss bei der EZB haben.

  • Da der nach der Lehmann-Pleite von Missgunst und Misstrauen geprägte Interbankenmarkt, über den sich die Banken untereinander Zentralbankgeld leihen können, fast keine Möglichkeiten mehr bietet, halten gerade deutsche Banken das billige EZB-Geld in Größenordnungen als Reserve.
     
  • Die Kreditzinsen niedrig und so sinkt auch die Marge bei einer Kreditvergabe durch die Bank. Aus diesem Grund betreiben einige Banken das Kreditgeschäft restriktiv.
     
  • Die Banken sind vorsichtig und vergeben wenig Risikokapital. Nur bei ausreichenden Sicherheiten kommt überhaupt ein Kreditgeschäft zu Stande.

Strafzinsen belasten die Banken.

Für besagte EZB-Gelder, die über die Mindestreserve hinausgehen, haben die Banken den sogenannten Strafzins, genau genommen den „Einlagenzinssatz“ von derzeit -0,50 % p.a. zu zahlen. Eine Bank kann Zentralbankgeld nicht einfach auf ein Geschäftskonto überweisen und so dem Strafzins entkommen.

Warum benötigt eine Bank Einlagen Tagesgeld, Sparkonto und Festgeld?

Eine berechtigte Frage, denn zur Finanzierung von Krediten erscheint es günstiger, Zentralbankgeld zu nutzen, als über Festgeldanlagen zufließendes Kapital, für das die Bank je nach Laufzeit bis zu 2 % Zinsen zahlt.

  • Eine Bank muss auf Tagessicht immer genügend Bargeld für Verfügungen der Kunden von Girokonten zur Verfügung haben. Kundeneinlagen sind eine Refinanzierungsquelle, da getätigte Überweisungen zu Fremdbanken z.B. auf ein Girokonto oder Tagesgeldkonto (Sichteinlagen) mit „bargeldfähigem“ Zentralbankgeld zu decken sind. Einzahlungen von Geld durch Kunden auf das Girokonto lassen echtes Bargeld zufließen und sicheren ebenfalls die „Bargeldliquidität“.
     
  • Ohne selbst bei der EZB Sicherheiten hinterlegen zu müssen, findet das über die Mindestreserve hinausgehende Guthaben aus Anlagen durch Kunden für die Kreditvergabe Verwendung. Sparkonten (Sparanlagen), Festgelder und Sparbriefe (Terminanlagen) mit langen Laufzeiten schaffen für die Bank eine gewisse Planungssicherheit, da die Einlagen erst in Jahren fällig werden.
     
  • Das Einlagengeschäft ist auch eine Art „Kundenpflege“. Die EZB kann jederzeit den „Geldhahn“ zudrehen. Clevere Banken fahren mehrgleisig und halten sich den Weg der Geldbeschaffung über Spareinlagen offen.

Quellen für unserer Recherche: FAZ, Bundesbank

Bildquelle: psdesign1 – Fotolia

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